„Einfache Automationsbausteine direkt ab Lager“
Wie der Einstieg in die Automation mit modularen Lösungen zum Spannen, Greifen und Umformen möglichst effizient gelingt, erklärt Olaf Tünkers, Geschäftsführer der Tünkers Maschinenbau GmbH in Ratingen. - Nico Schröder -
Herr Tünkers, welche Aufgabenstellungen lassen sich mit Ihrem Automationsbaukasten heute bearbeiten?
Tünkers: Obwohl der Schwerpunkt auf dem Spannen und Greifen von Werkstücken liegt, bieten wir eine Vielzahl von weiteren Komponenten – bis hin zu Drehtischen für das Positionieren oder generell die Fördertechnik. Hinzu kommen immer weitere Bereiche rund um das Stanzen, Prägen und Fügen sowie verstärkt auch das Dosieren und Kleben. Entscheidend ist: Unser Katalog bietet eine ganze Reihe von Modulen und Elementen – da muss niemand mehr konstruieren. Bei uns sind das alles Katalogprodukte. Ein Teil davon ist sogar unmittelbar verfügbar. Die Produktbereiche Spannen und Drehen, im Sinne der Werkstückdrehung, findet man ebenfalls in unserem E-Shop. Für bestimmte Anwendungsszenarien bieten wir zudem einen Konfigurator an, mit dem sich schnell eine passende Lösung finden lässt. Der Trick ist, dass wir die teilweise umfangreichen Spannanlagen auf einfache Grundfunktionen reduzieren, die sich dann parametrieren lassen. Außerdem unterstützen wir gerne bei der Lösungsfindung. Das ist eine wichtige Grundlage unseres Erfolges.
Mit Ihrem E-Shop wollen Sie eine noch unkompliziertere Beschaffung Ihrer Produkte anbieten und den Einstieg in die Automation erleichtern. Welche Produkte und Funktionalitäten bieten Sie mit Ihrem Online-Shop?
Wir sind ja gerade für kundenspezifische Lösungen rund um den Industrieroboter bekannt, doch die Stärke des Unternehmens besteht auch in der Entwicklung von Standardbausteinen und kompatiblen Modulen für Automationsanlagen im Vorrichtungsbau – rund ums Spannen, Greifen und Umformen. Besonders in der Spanntechnik bieten wir eine enorme Vielzahl an Baugrößen und Funktionalitäten auch ab Lager an. Ebenso ist unsere Greifertechnik als Baukastensystem konzipiert. Kunden können aus verschiedenen Profilen, Grundplatten und Verbindungselementen ihre Greifer individuell und kostengünstig konfigurieren. Generell werden mit dem Tünkers-E-Shop mechanische Automationsprodukte ohne großen Konstruktionsaufwand verschiedene Anwendungen und Unternehmensgrößen sofort verfügbar – zu jeder Zeit bestellbar und innerhalb der EU schnell geliefert.
Ihre Produkte kommen vor allem im Karosseriebau zum Einsatz – insbesondere in der Werstückspannung. Was sind die Stärken Ihrer Lösungen?
Olaf Tünkers: Uns gelang der Einstieg in die Automobilindustrie, als dort noch überwiegend mit manuellen Spannelementen gearbeitet wurde, was sehr zeitintensiv war. Deshalb lag unser Fokus von Anfang an darauf, die Werkstückspannung zu automatisieren und damit zu beschleunigen. Zunächst keine einfache Aufgabe, denn einfache Druckluftzylinder brachten nicht die erforderlichen Kräfte auf, um die zu verschweißenden Karosserieteile in Form zu bringen. Dies gelang erst über die von uns entwickelte Kombination eines Druckluftzylinders mit einem Kniehebelgelenk. Darauf aufbauend ist im Laufe der Jahre ein modularer Automationsbaukasten entstanden.
Das heißt, Sie haben Entwicklungsaufwand zur Fertigungsanlage stark vereinfacht.
Tünkers: Heute muss kein Konstrukteur mehr Spanngeräte oder Schweißzangen entwickeln – das alles gibt es als fertige Bauelemente, die nur noch zusammengesetzt werden müssen. Der Konstrukteur komponiert gewissermaßen die Fertigungsanlage. Ein Plus ist auch, dass wir diese Spannelemente in großen Stückzahlen produzieren, was den Bau preisgünstiger macht und vor allem die Instandhaltung beschleunigt.
Ersatzteile sind also binnen kurzer Zeit verfügbar?
Tünkers: Ja, denn ein Anlagenstillstand ist aufgrund der hohen Kosten nicht nur in einem Automobilwerk ein Problem – typischerweise wird dort verlangt, innerhalb von 20 Minuten reparieren zu können. Nur über die Standardisierung lässt sich eine solche Forderung erfüllen. Standardisierte Komponenten wie Spannelemente und Schwenker liegen bei uns deswegen auf Lager. Sonderkonstruktionen sind damit in der Praxis kaum noch erforderlich. Und zumindest 80 Prozent der geforderten Funktionen kann der Anlagenbauer auch über unseren Automationsbaukasten abdecken. Übrigens lassen sich mit diesen Spannelementen nicht nur Blechteile spannen, sondern auch solche aus Kunststoff oder Holz.
Welche Rolle spielen für Sie Industrie-4.0-Konzepte im Sinne virtueller Inbetriebnahme ganzer Fertigungsanlagen oder etwa vorausschauender Wartung?
Tünkers: Standard sind natürlich die entsprechenden CAD-Bibliotheken, die aber immer wieder angepasst und um Funktionsmodelle ergänzt werden, sodass die beweglichen Teile dargestellt werden können. Alle unsere Module und Elemente lassen sich in Robcad komplett simulieren. Auf der digitalen Ebene sind wir also schon ein gutes Stück vorangekommen. Auch vorausschauende Wartung – Predictive Maintenance – können wir über die bereits integrierte Sensorik schon sehr gut adressieren. Interessant wird das Ganze ja in dem Moment, in dem es gelingt, Intelligenz in die Anlage zu bringen. Ziel ist es, voraussagen zu können, wann ein Schadensfall eintritt, um entsprechend rechtzeitig reagieren zu können. Erkennen lässt sich auf diese Weise übrigens auch, ob die Spann- und Greiftechnik innerhalb der definierten Grenzen belastet oder eben überlastet wurde. Häufig sind eine zu hohe Geschwindigkeit oder zu hohe Drehmomente der Grund für einen Ausfall. Viel wichtiger sind deshalb uns und unseren Kunden sichere Produkte. Die Anlagen sollen eben den auftretenden Belastungen standhalten und damit eine hohe Verfügbarkeit bieten. Fertigungsanlagen müssen schließlich laufen – und so denken und arbeiten auch wir.
Sie haben unter anderem einen Stauförderer mit Sensorintelligenz ausgestattet. Welche Funktionalität steckt dahinter?
Tünkers: Um Maschinenausfälle prognostizieren zu können und um die Maschinensicherheit zu erhöhen, statten wir Standardprodukte wie unseren Stauförderer mit zusätzlicher Sensorik aus. Beim Stauförderer überwachen redundante Sensorsysteme den Zustand der Antriebs- und Steuereinheiten. Auch bauen wir damit Know-how über die Hardware hinaus auf. Wenn der Sensor die Maschinendaten beispielsweise in die Cloud überträgt, können Anwender Werte via App auslesen und weiternutzen. Wir planen nun Predictive-Maintenace-Services, die über das Sammeln und Anzeigen der Daten hinausgehen und als zusätzlicher Service zur Maschine zu sehen sind.
Im Bereich Fördertechnik spielen auch fahrerlose Transportsysteme (FTS) eine wichtige Rolle. Wie positionieren Sie sich hier aktuell?
Tünkers: Wir bietet in Kooperation mit dem AGV-Spezialisten Sinova aus Brasilien verschiedene Automationslösungen für den europäischen Markt an. Neben Versorgungs-AGVs zum Transport der Teile zwischen Bestands- und Produktionslinie sowie Transport-AGVs zum sicheren Transport von Teilen durch Gänge und Flure, installieren die Ingenieure aus Ratingen auch nach Kundenanforderungen Prozesslinien-AGVs zur sicheren Bearbeitung und Montage direkt auf dem AGV. Wir produzieren ja seit über 30 Jahren Elektrofahrzeuge – denken Sie an unseren Airport-Scooter – und nutzen dieses Know-how rund um Elektrokleinfahrzeuge nun bei fahrerlosen Transportsystemen. Hintergrund ist, dass sich die Logistikkonzepte in den Automobilwerken verändern. Die Variantenvielfalt nimmt zu – beispielsweise Fahrzeuge, die mit verbrennungsmotorischen und elektrischen Antrieben parallel laufen. Mit den heutigen Logistikkonzepten funktioniert das nicht. Gefragt sind flexiblere Systeme. Deswegen sehe ich die fahrerlosen Transportsysteme beziehungsweise AGVs (Automated Guided Vehicles) als Substitutionsprodukt zu den Förderbändern.